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James Hamilton — seines Zeichens eine Hälfte des kanadischen Ausnahmeprojektes PRETERITE — legt mit den "Geisterpfaden" sein Solodebüt vor. Die Stücke entstammen einem Auftritt Hamiltons im September 2012 in Montreals Casa del Popolo. Dort spielte er im Vorprogramm von MENACE RUINE, dem Projekt mit welchem S. de la Moth und die andere PRETERITE-Hälfte Geneviève Beaulieu stets zu begeistern wissen. Beide letztgenannten gründeten vor einigen Wochen ein eigenes Label — Union Finale. Dort erschien dieser Tage James’ Solodebüt als bereits dritte Veröffentlichung. Nummer zwei im Veröffentlichungskatalog wartet noch, hierbei handelt es sich um PRETERITEs nächstes Album “From The Wells”, welches im September der interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden wird. Seinen Auftakt nahm das Label mit “Sur les Femmes” von S/V\R (S. de la Moth).
Das von James basal verwendete Instrument ist natürlich die Gitarre. Passend erscheint entlang des Durchlaufs der Titel dieser Veröffentlichung gewählt, in herber Kargheit und spröder Nüchternheit wimmeln die Akkorde. Sie gleichen aufgezeichneten Phantomsounds, denen sich Hamilton als Medium zur Verfügung gestellt hat. Mit seinem seit Kindertagen favorisierten Instrument zaubert er schwebende Melodien hervor, deren tieffrequentige Schwingungen in Eigenresonanzen überführt werden. Dabei werden keinesfalls Simulakren ausgestellt. Vielmehr atmet hier ein PRETERITE verwandtes Instrumentarium entlang neuer Kanäle. Auffällig bleibt dabei der Temperaturabfall in den Stücken, der sich jedoch nicht ausschließlich mit dem abstrakteren Ansatz und dessen Umsetzung erklären lässt. Vielmehr üben die fünf Tracks einen Berührungsreiz aus, fast so, als käme man von einem Sonnen gefluteten Balkon in einen stark klimatisierten Raum. Dieser Übergang lässt frösteln. So nehmen die Stücke weite Kurven und bisweilen scheint es, als entleerten diese Zeit und Raum. Das für PRETERITE Charakteristische, das Schwärmerische, blitzt hier allenfalls in den Spitzen der Melodienversätze auf. Diese pendeln über so noch nicht bekannte Grundierungen. Das Polyphone des Hauptprojektes findet sich so sorgsam eingehegt und auch deren Tracklänge weicht James auf. Er taucht die Stücke in ein Becken, in dem sie sich strecken. Dieses minimal gehaltene Soundkleinod weiß wohl auch aufgrund seines systematischen Abstandes zum bekannten Duo zu berühren.
So bleibt eine feine und kühle Manifestation einer Wirkung, die keiner großen Bühne bedarf. Mitunter schleicht sich der Eindruck heran, dass auf "Ghost Paths I-V" das Künftige wie das Unausweichliche bereits geträumt werden. Als Ahnung tröpfeln sie aus dem Unterbewussten in die Kompositionen ein. Ein schöpferischer Akt also, der am Verschlungenen anzudocken scheint — außerhalb gängiger Relationen. So feingewebt, dass eine Berührung zittern lässt.
— Black Magazin, 2013